Die wenigsten, die zu mir ins Café kommen, bleiben hier länger als eine Stunde. Häufig wird ein Kaffee bestellt und ein Stück Kuchen, mittags vielleicht ein Essen. Hierher zu kommen, ist für viele ein kleiner Break, der den Kopf öffnet. Eine kurze Pause, in der man sich mit jemandem trifft, um kurz dem Alltag zu entfliehen. Man betritt jedesmal nicht nur das Café, sondern irgendwie auch eine andere Welt. Deshalb ergibt es für mich auch keinen Sinn, jetzt Essen zum Mitnehmen anzubieten.
Es geht mir nicht darum, ausgeklügelte Menüs anzubieten – sondern einen Ort bereitzustellen, an dem sich Tag für Tag Menschen begegnen. Essen und Getränke bilden eher den Rahmen. Ich glaube, dass es die meisten Begegnungen, die sonst hier im Café stattfinden, gerade nicht gibt.
Das Gefühl, das ich meinen Gästen geben will, lässt sich aber auch woanders kreieren: Man muss dafür einfach versuchen, Essen oder Trinken als mehr als nur eine Notwendigkeit anzusehen. Ich finde, dass man einen Kaffee, der oft ausgetrunken ist ohne ihn wahrgenommen zu haben, auch ganz bewusst konsumieren kann. Man kann sich sagen, dass man gerne mit diesem Kaffee ist, ihm nachschmecken, nachspüren - selbst wenn er nicht sonderlich gut ist - sich vielleicht mit seinem Gegenüber darüber austauschen. Dieses Nachspüren und Austauschen ist, glaube ich, letztlich genauso überlebenswichtig wie das Essen oder Trinken an sich.
Daniel Kellermann (40), führt seit 2013 das Café Tunichtgut in der Kolonnadenstraße.